Fiene rettet ihre Brüder
 
   
Fiene rettet ihre Brüder

In dieser kalten Märznacht leuchtete der Mond hell über Wald und Wiesen.
Eine alte Füchsin schleppte ihren runden Leib über den harschen Altschnee.
Die Welpen in ihrem Bauch strampelten fast ununterbrochen, aber das störte sie wenig, sie war bereits daran gewöhnt. Allerdings konnte sie sich nicht an den Hungerschmerz gewöhnen, der sie seit Wochen quälte. Das Futter war knapp gewesen in diesem strengen Winter und ihr dicker Bauch behinderte sie beim Jagen. In den letzten Stunden hatte sie zwei magere Mäuse gefangen, doch sie brauchte für sich und die Welpen viel mehr Nahrung. Erschöpft erreichte die Fähe ihren Bau und legte sich in den großen Wohnkessel.
Sie rollte sich nicht ein wie sonst, es war in ihrem Zustand bequemer mit ausgestreckten Beinen auf der Seite zu liegen.
Unruhig schlief sie bis zur Morgendämmerung. Obwohl es in ihrem Bau gleichbleibend dunkel war, hatte sie immer ein Gefühl für die Tageszeiten.
Mühsam schob sie sich durch die engen Gänge und steckte ihre lange Schnauze in den Wind. Der wolkenschwere Himmel ließ das Licht der aufgehenden Sonne nur spärlich durch. Die Füchsin bewegte ihre Nase leicht auf und ab, konnte jedoch keine verdächtigen Gerüche wahrnehmen. Ihre aufgestellten Ohrmuscheln drehten sich unabhängig voneinander in verschiedene Richtungen. Sie hörte das Rauschen der Fichten, in großer Entfernung bellte ein Hund.
Die hochtragende Fähe bewohnte einen weit verzweigten Bau mit vielen Eingängen. Die meisten Kammern und Röhren waren vor langer Zeit von Dachsen gegraben, aber später von Füchsen genutzt und entsprechend umgebaut worden. Das von der Fähe am häufigsten genutzte Schlupfloch lag im oberen Bereich einer Grabenböschung. Unten im Graben standen Birken und Weiden und vor der Böschung wuchs auf einem breiten Streifen Heidekraut. Erst danach begann der Fichtenwald. Die große Wiese auf der anderen Seite des Grabens wurde einmal im Jahr gemäht und war im Sommer ein wahres Mäuseparadies.
Dahinter gab es einzelne Häuser. Natürlich kannte die Fähe den Ort von ihren nächtlichen Besuchen, doch sie konnte nur in der Nähe gut sehen. Aus dieser Entfernung nahm sie bestenfalls Bewegungen wahr, die Häuser selbst sah sie verschwommen. Als nachtaktives Tier verließ sie sich sowieso lieber auf Geruchssinn und Gehör.